Auf der Straße XXVI

Frau Körb ist gern bereit zu helfen, wenden Sie sich ruhig mit allen Fragen des Alltags an sie!

(*Namen sind bekannt, werden aber aus Gründen des personellen Datenschutzes nicht genannt.)

Fortsetzung folgt

XXVI

Am Rodelberg. Nachbars Kinder haben mich wieder becirct, sie zu begleiten. Wir stecken fest in einem Gewimmel aus Sonntagseltern, Hipstern und denen, die semi high professionell für die Skiferien üben. Die Kinder sind im Slalom heil unten angekommen, ich stehe oben, gefangen in Gesprächsfetzen: „Da fühlt man sich selber wieder wie ein Kind, ha?“, pufft es in meine Seite. „Geh aus der Bahn, hey du hallo!“, brüllt es von der anderen. „Beste Preise“ „Ja der Kleine ist ganz“ „Also im letzten Urlaub“ „Da nehm ich mir eine Woche frei und dann machen wir das jeden Tag“ „Und dann hastu oben die Alpertemans ja ganz chillig kannstu oben wohnen“ „Magst du mal mit dem Papa“ Und den Papa haut’s dann erstmal auf seinen Hipsterhintern. Und jeder ist ein wenig besser als der andere und einzigartiger und immer wieder versucht man mir Zustimmung dessen per Blick zu entlocken.
Irgendwann sind die Kinder wieder oben. Ich knote ihre Schlitten aneinander, stelle mich mit erhobener Faust an die Spitze und schreie: „Ich war schon an diesem gottverdammten Berg, da saßt ihr noch mit euren Caipis in euren kleinen Agenturen und habt in die Windeln gepupst!“ und mit geschwenkter Fahne der Anarchie sausen wir als Kette wie eine Bowlingkugel den Berg hinab.
Alle neune waren es nicht, aber …

XXV

Die Nachbarsbuben haben Besuch. Ich höre sie im Hof.
Buben: Sag mal Bärchen,…
Besuch (entrüstet): Ich heiß nich Bärchen!
Buben: Hm, dann vielleicht Elefanti?
Besuch (schreit): Ma-maaaaaaa!
Mutter: Ja Bärchen?
Besuch (heult los): Uääääääääääääääääääää

XXIV

Es ist immer wieder schön zu hören, dass Kinder noch Träume haben. Ein blinder Junge im Rollstuhl wurde von seiner Lehrerin auf seinen Berufswunsch angesprochen. Er antwortete strahlend: „Busfahrer!“

XXIII

Letzthin wurde ich von einer Dame in ein Gespräch über Orthopäden verwickelt. Sie erzählte mir die Geschichte von ihres Sohnes Knie, an welchem sich zwei Doktoren zu schaffen machten, von denen der eine wohl eine echte Konifere sei. Ich bekam also wieder einmal bestätigt, dass auch die besten Ärzte nur Zapfenträger sind.

XXII

Ein junger Mann betrat die Wartezone, in der ich seit geraumer Zeit meinem vor einer halben Stunde abgelaufenen Termin nachhing. Demonstrativ stellte er seine kleine braune, mit vielen bunten Kaffeekapseln gefüllte Papiertüte auf den einzig freien Platz neben sich. Ich schaute ihm ins Gesicht und unwillkürlich rutschte es aus mir heraus: „Und wenn Sie noch soviel von diesem Nespresso-Zeugs trinken, ein George Clooney werden Sie nie!“

XXI

Als ich neulich durch unsere Straße eilte, wurde ich von einem gar seltsamen Pärchen begleitet. Sie fuhr langsam auf dem Fahrrad neben ihm, er klebte mit Laufbewegungen an ihrem Hinterrad. „Na also Sie trauen sich was!“, entfuhr es mir, „den Buben mitten in der Stadt ohne Leine Gassi zu führen!“ Flugs kramte ich aus meiner Original-Frau-Körb-Handtasche™ die Hundeleine Flexibob mit Rückholautomatik. „Ich kann Ihnen die hier leihen. Damit reißt er Sie bestimmt nicht vom Rad, wenn auf der Gegenseite ein läufige Blondine flaniert.“ Das Fräulein auf dem Fahrrad schien erleichtert und auch der Bub entspannte sich nach dem Anlegen von Halsband und Leine sichtlich. Wie schön ist doch ein wenig Führung im Leben!

XX

Im Einkaufsladen meines Vertrauens fehlt es seit einiger Zeit an Zahnpasta und Vanillepudding. Der danach befragte Verkäufer antwortete, dass die guten Vorsätze für das neue Jahr wohl darin bestünden, sich jetzt aber mal wirklich richtig ordentlich gut die Zähne zu putzen. „Und zur Belohnung gibt’s gleich danach einen Vanillepudding? Nun, das fügt denn beides wohl zusammen.“, sagte ich und verließ das Geschäft mit einem Zahngel, Erdbeer-Himbeer-Geschmack. Das erspart mir das Milchgekoche und die lästige Anbrennerei.

XIX

An einem Mittag eilte ich an der benachbarten Berufsschule vorbei. Ausgebremst von zwei vor mir schlurfenden Sechzehnjährigen war ich gezwungen, folgende Unterhaltung mitanzuhören.
„Wärst du jetzt gern auf dem Pluto?“
„Nee, da würde ich ja ersticken! Aber in Israel ist es auch schön warm.“

XVIII

Eben jener Nachbars Bub fragte mich eine Woche später, was denn ein Logopäde sei. Ein Freund von ihm müsse zu so einem. Ich erklärte ihm, dass das jemand sei, der anderen Leuten sagt, wie man richtig spricht. Darauf schaute mich der Bub entgeistert an und sagte: „Nein, das doch ein Klugscheißer!“

XVII

This “on-the-road” is specially for my English speaking readers:
Late at night I simply wanted to go home. Nobody was on the street but a young couple. The man walked straight up to me. He seemed somewhere from South Europe or North Africa. He was asking politely if I speak English and than he started the following: “Bra bra bra need help no money I have bra bra no internet to call home no money you can give bra help?” The woman came closer. “Listen boy!” I said. “I have four children, three jobs, and now you two want to have one coin? 4 – 3 – 2 –1 – none! By the way, there is a police station right over there, you want me to call for help for you?” I could not look so fast as they vanished.
And so I told my neighbour’s boy recently: if you are in need a lie is not a lie but a weapon to save your own backside.

XVI

Bei uns im Viertel helfen RTL und Jenaplan jetzt kräftig mit bei der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen. Beide haben einen Kindergarten bzw. eine Kinderkrippe an eine stark befahrene Hauptverkehrsstraße gebaut. Das ist doch überaus praktisch gedacht! Wenn dann so ein kleiner Wicht aus der Tür und gleich auf die Straße rennt – Auto drüber, und wieder ist ein Betreuungsplatz frei. Da soll mal noch einer sagen, Kinder dürften sich in unserer Stadt nicht frei bewegen.

XV

Da habe ich doch neulich einen Fehler beim Ausfüllen einer Überweisung gemacht und der Verkehrsüberwachung statt fünfzehn Euro glatte 150 überwiesen. Auf meine Frage im Amt, ob ihnen dort nicht der zu hohe Betrag aufgefallen wäre, sagte der mauschelige Sachbearbeiter: „Nein, aber wir danken für ihre Ehrlichkeit und werden ihnen den Betrag gutschreiben!“

XIV

Als heute mein Kleiderschrank wieder einmal maulte und ich wegen ihm in ein Bekleidungsgeschäft eilte, gratulierte mir die aus Preußen stammende Verkäuferin zum Hemd- und Blusentag. „Da is jetzt allet 20% off!“ „Off wat?“, fragte ich zurück und sie sagte: “20% off allet!“

XIII

Zwei junge Smartphoniker unterhalten sich über Hochzeiten im Bekanntenkreis.
„Ja, war schön, Kirche und so. So mit Orgel und so.“
„Orgel? Das is doch das Ding in der Kirche, so dadaaaa-“
„Ja, genau.“
Da bleibt sogar mir die Spucke weg.

XII

Bei uns in der Stadt gibt es demnächst einen Frauenlauf. Geworben wird um die sich in ihrer Haut unwohl fühlende Mittvierzigerin, die sowieso allen mit ihren grundsätzlichen Diät-Sport-Ernährungs-und Beziehungstipps komplett auf die Nerven geht. Am anderen Ende der Stadt gibt es demnächst ein Bürgerschießen, für das noch Freiwillige gesucht werden. Jetzt wäre es das Beste, beide Veranstaltungen zu verbinden, geben doch die Damen in der modischen Individual-Sportbekleidung von DESINGUAL eine ausgezeichnete Schießscheibe ab und wenn die Herren Schützen bewegte Ziele treffen müssen, dann macht das Bürgerschießen gleich doppelt soviel Spaß!

XI

Die kleine Tochter einer Kollegin steht neben mir und schaut fasziniert zu, wie ein Fax aus der Maschine quillt. Plötzlich kreischt ihre Mutter hinter uns einen Witz:
„Uhh, schau mal, das sieht ja aus wie ein Stinker, was da rauskommt!“
Die Tochter blickt mich irritiert an. Als aktives Mitglied des Antikinderverblödungskomitees sage ich zu der Kollegin:
„Also wenn du Papier scheißt, solltest du vielleicht mal einen Arzt aufsuchen!“

X

Im Blumenladen in der W.straße* sind diese Woche Hochzeitswochen. Greifen Sie zu bei zwei Bräuten zum Preis von einer, denn so eine Braut geht schneller kaputt, als einem lieb ist. Erst letztens stand es wieder in der Zeitung: Braut vor Hochzeit erwürgt und ertränkt. Die halten nichts mehr aus, diese Bräute von heute.

IX

Wenn in unserer Stadt ein Kongress gehalten wird, ist dies an den vielen gut gekleideten Menschen zu erkennen, die leicht verstört auf dem Bahnhofsvorplatz hin- und hereilen. Vor mir lief ein Paar, welches in die Altstadt steuerte. Sie unterhielten sich wohlartikulierend über Sitzmöglichkeiten und Verpflegung der letzten Veranstaltungen. Plötzlich knallte ich gegen eine Wand. Unsichtbar stand eine Mauer aus Gestank vor mir, hüllte mich ein und ließ mich nicht weiterkommen. Sie packte mich, warf mich zu Boden, schüttelte mich und trampelte auf mir herum. Hilflos musste ich mich den Flatulenzen der Kongressdame ergeben. Durch den Nebel sah ich gerade noch, wie der Herr eine Jutetasche fesch über die Schulter warf, auf der in großen roten Lettern prangte: „DHU Homöopathie 2013 Gleiches mit Gleichem“. ‚Sulphur-’ war mein letzter röchelnder Gedanke, ‚Sulphurius furticus maximus in der Zehntausender-Potenz!’ Danach wurde es für einige Tage dunkel um mich herum.

VIII

Am Samstag saß ich mit meiner Nachbarin und den Kindern auf dem Spielplatz. In unser Geplausche mischte sich eine Zweikindmutter mit einem Handy, Karl 7, Edda 5 Jahre, einem Peter 43, der heute Abend doch später kommt, den Kindern nichts mehr vorlesen kann und der Frage: „Und, was macht ihr so am Muttertag?“. „Scheitel ziehen und den rechten Arm erheben!“, antwortete meine Nachbarin lächelnd.

VII

Eben wollte ich an einem Trupp Bauarbeiter vorbeiradeln, die einen großen Anhänger mitten auf die Straße schoben. Der Erste rief lautstark seinen Mannen zu: „Lasst doch mal die junge Frau durch!“, schaute mich an und ergänzte: „Oder sollte ich Mädchen sagen?“
„Falscher Fehler mein Freund!“, zischte mein Vorderreifen, als er sich mit Schwung in sein Hinterteil drückte.

VI

Neulich an der Tankstelle beobachteten mein Fahrer und ich Folgendes:
Zwei Autos fuhren auf die Seite, ein Mädchen stieg aus dem kleinen, ein Junge aus einem großen Familienkombi, beide gingen zu einer Säule, an der ein Schild hing und umarmten sich und knutschten bestimmt zehn Minuten. Dann stieg sie in ihr und er in sein Auto und sie fuhren davon. Beim Verlassen der Tankstelle fuhren wir an dem Schild vorbei. „Therapie gegen Haarausfall“ stand da groß und breit geschrieben. „Was es nicht alles gibt!“, sagte mein Fahrer und strich sich mit gespitzten Lippen über seine beginnende Glatze.

V

Die Empfehlung des Tages: Gehen Sie zu Mahmut in der XY-Straße* und kaufen Sie unbedingt ein Pfund „Scheretomate“!

IV

Gestern beschloss ich, heute sei ein guter Tag, um in Kunst zu machen. Dafür besuchte ich das neue Atelier eines mir bekannten Künstlers. Und prompt fand ich es natürlich nicht. Also fragte ich einen hochgewachsenen Herrn mit Handy und Laptop in der Hand, ob er denn wisse, wo der Künstler hier auf dem Gelände sein Atelier habe.
„Der? Ja der, der ist bekannt.“
„So, mit ihnen auch?“
„Ja naja, nicht so direkt. Aber er hat ja auch schon Preise bekommen.“
Ich lächelte.
„Was wollen sie denn von dem?“
Ich lächelte.
„Wollen Sie was kaufen?“ Und damit ging er ehrfurchtsvoll in die Knie.
Ich lächelte immer noch. „Wissen sie,“, sagte ich, „es muss aber unter uns bleiben!“
„Ja ja, natürlich, selbstverständlich!“ Damit verließ ich ihn kniend erblasst vor Neid über meinen Reichtum, denn ich bin ein Undercover-Kapitalträger. Man sieht es mir einfach nicht an! Das Atelier habe ich auch ohne ihn gefunden.

III

Samstagabend acht Uhr vor der Hauptpost. Drei offensichtlich angeheiterte junge Damen – neudeutsche „chicks“ kamen mir entgegen. Provozierend flatterte die erste mit ihren imaginären Flügeln, die zweite gackerte mir ihre Fahne ins Gesicht und die Dritte lachte sich scheckig, was sich anhörte, wie eine Ziege, die auf Blech pinkelt. Der Fusel der zweiten kitzelte mir dermaßen meine erkältete Nasenschleimhaut, dass ich der Dame herzhaft in den Ausschnitt nieste. „Ey sagama schabinndsdu oda?“ gackerten jetzt alle drei, woraufhin Dame eins und Dame drei auch noch ein ordentliches Niesen abbekamen. „Wer dreimal niest, ist doof.“, sagte ich zu meiner Entschuldigung und schnäuzte das 178. Taschentuch randvoll mit glibberigem Ausschnittschleim.

II

Gestern umfuhr ich beim Einkaufen gekonnt die politisch korrekten Debatten eines Pärchens über die Gesundheit von Kohlrabiblättern und die Wertigkeit südamerikanischen Grüntees im Vergleich zu mittelamerikanischem Kaffee. An der Käsetheke erwischte mich das Fräulein dann gnadenlos.
„Sagen sie, dieser Kuhgouda schmeckt der sehr- ich meine schmeckt- also- nun ich esse nämlich kein- äh- also schmeckt der sehr nach Kuh?“ Damit schob sie ihre schwarze Hornbrille nach oben und schaute mich erwartungsvoll an.
„Sie essen wohl kein-?“, fragte ich zurück und das Fräulein nickte, dass die schwarzen Hennalocken nur so wippten.
„Genau, höchstens So-wie.“
„Ach so, So-wie ist gleich da vorn, neben den handgestrickten Tofusocken!“

I

Neulich schräg vor dem Polizeirevier in der Innenstadt:
Zwei Damen, die schwer nach Sozpäd aussahen, näherten sich mir zügig von links und hielten mich am Arm fest.
„Können sie helfen? Wir suchen die Kaiser-straße. Nein, den Josefs-platz. Oder?“ Fragend blickte Sozpädin eins zu Sozpädin zwei.
„Nein, Josef-straße!“, sagte diese.
„Ach, sie meinen wohl die Josef-Kaiser-Straße?“, fragte ich und löste meinen Arm aus dem Übergriff.
„Ja genau die!“, flöteten beide Damen im Chor und strahlten.
„Die gibt’s bitte nicht, Entschuldigung ade meine Damen!“

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